„Nij-Jaor-Awwinnen“
Das neue Jahr wurde in früheren Jahrhunderten durch den Nachtwächter mit einem Glückwunschlied begrüßt. In Stadtlohn in folgender Text überliefert.
Hört ihr Herren und Bürger all,
hört, was wir euch singen all.
Wir wünschen euch ein glückseliges neues Jahr,
das gebe Gott und werde wahr.
Ein glückseliges Leben,
der Herrgott möchte euch geben.
Wir wollen Gott loben, danken und ehren,
dass die ganze Stadt bleibe in Ehren.
Lobt Gott und haltet sein Gebot,
12 Uhr hat die Glock.
Höört ih Herrn un Börger all,
Höört, wat wi uh no singen willt.
Wi wünsket uh alle een glücksellgs niet Jaor.
Dat gewwe Gott un wiärde woar.
En glücksellgs Läwen, de Herrgott willt uh gewwen.
Wi willt Gott loowen, danken un ehren,
dat de ganze Stadt bliff in Ehren.
Loowet Gott un holt sien Gebodd:
Twelf Ühr heff de Klock.
Mit diesem Lied zog der Nachtwächter in der Nacht von Haus zu Haus und wünschte Glück zum neuen Jahr. Am Neujahrsmorgen kam er abermals vorbei und erhielt ein kleines Geschenk.
In der Tradition des alten Brauches treffen sich Mitglieder des Stadtlohner Heimatvereins seit vielen Jahren am Neujahrsmorgen im Haus Hakenfort und wünschen sich ein „Glückseliges neues Jahr“. Anschließend ziehen sie zum Pastorat, um auch den Pastor in die guten Wünsche einzubeziehen.
Palmsingen
In Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem wird am Sonntag vor Ostern, dem Palmsonntag, vor dem Hochamt die Palmweihe vollzogen. Da es bei uns keine echten Palmzweige gibt, greift man auf den immergrünen Buchsbaum zurück, der auf einem Palmstock gebunden wird. Bis auf ein wenig buntes Papier war eine aufwendige Dekoration der Palmstöcke ist aus Stadtlohn in früheren Zeiten nicht bekannt und ist erst in den letzten Jahrzehnten üblich geworden. Die Herstellung der Palmstöcke war Aufgabe des Familienvaters, der dazu bevorzugt einen Zweig der Tollkirsche nahm. Zweige des geweihten Palms wurden hinter das Kreuz und die Weihwasserbecken im Haus gesteckt. Nach Ablauf eines Jahres wurde der alte Palm nicht weggeworfen, sondern verbrannt. Eine lange Tradition hat der Umzug der Kinder, die mit ihren Palmstöcken von Haus zu Haus ziehen und Süßigkeiten sammeln. Ähnlich wie in anderen Orten wird dabei gesungen.
„Palm, Palm, Poosken,
loot den Kuckuck groosken,
loot de Vögel singen,
loot de Büel klingen,
loot de Jungs noo Schoole goohn,
loot se flietig leeren,
dann wärd se groote Heeren.“
Noch heute werden verbreitet Palmstöcke gebastelt und mit zur Kirche gebracht. Das Singen des traditionellen Palmsonntag-Liedes wurde vom Stadtlohner Heimatverein wieder eingeführt und findet unter Leitung des „Kiepenkerls“ am Marktbrunnen statt. Nach dem Singen erhalten die Kinder als Belohnung ein Plätzchen in Form eines Osterhasen an den Palmstock gehängt.
Osterfeuer
In vielen Gemeinden gehört seit jeher zum Osterfest das Abbrennen eines Osterfeuers. In Stadtlohn wird dieser Brauch in vielen Bauerschaften gepflegt. Der Stadtlohner Heimatverein organisiert seit einigen Jahren zusammen mit dem Reiterverein St. Martin ein Osterfeuer an der Reitanlage im Losbergpark
„Bäiern“ in Stadtlohn
Zu Silvester/Neujahr, Ostern, Pfingsten und Weihnachten wird in Stadtlohn der Brauch des „Bäierns“ gepflegt. Beim „Bäiern“ werden die Glocken nicht schwingend geläutet, sondern die Klöppel in einem vorgefassten Rhythmus gegen die Wände der ruhig hängenden Glocken geschlagen. Nachdem dieser Brauch früher weit verbreitet war, geriet er vielerorts im Laufe der Zeit in Vergessenheit. In Stadtlohn wurde er 1934 mit der Installation eines elektrischen Läutewerkes eingestellt.
Im Jahre 1977 wurde das „Bäiern“ auf Initiative des Stadtlohner Heimatvereins wieder eingeführt. Das Amt des Läuteküsters oder „Bäiermanns“ vererbte sich in Stadtlohn seit dem 18. Jahrhundert bis heute in der Familie Demes. Bereits 1739 steht im Sterberegister von St. Otger: „Joan Gerd Deemes ex civitate zeit Lebens gewesener Beyermann“ (gest. 26.5.1738). Im 19. und 20. Jahrhundert übten Wilhelm Demes (1860-1930), sein Sohn Hermann Demes (1887-1953) und dessen Sohn Wilhelm Demes (1922-1984) diese Tätigkeit aus.
Beim „Bäiern“ braucht man in der Regel drei oder vier Glocken. Der „Bäiermann“ sitzt unter dem Glockenstuhl des Kirchturms auf seinem „Bäierstohl“ und arbeitet wie ein Organist mit Händen und Füßen. Er benutzt jedoch keine Tastatur wie bei der Orgel oder bei großen Glockenspielen, sondern zieht bzw. tritt (mit Pedal) die mit den Klöppeln verbundenen Seile und Ketten.
Die Art und Melodie des „Bäierns“ waren in den verschiedenen Pfarreien unterschiedlich. In Stadtlohn spielt der „Bäiermann“ mit drei Glocken in vier „Paosen“ oder „Tuuren“. Er beginnt mit der kleinen Glocke, dann folgte die mittlere, danach die kleine und die große, und zuletzt alle drei in der Abfolge 3-2-3-1. Dadurch entsteht eine eigentümliche, schnell wechselnde Tonfolge ähnlich wie bei einem Glockenspiel, doch ostinatoartig ohne eigentliche Melodie.
(vgl. Wilhelm Elling: Bäiern in Stadtlohn. In: Ulrich Söbbing (Red.): Auf Dein Wort hin – 1200 Jahre Christen in Stadtlohn. Stadtlohn 2000. S. 487-491)
Plattdeutsch
Wöchentlich werden Schulstunden in Plattdeutsch mit Spielen, Gedichten, Geschichten, Liedern und Sketchen in zwei Grundschulen und der St. Anna-Realschule gegeben. – Die Teilnahme der Schülerinnen und Schüler ist freiwillig. Ein Leistungs- bzw. Erfolgsdruck wird nicht erwünscht.
Monatlich organisieren wir plattdeutsche Vorlesungen und Erzählungen (ca. 1,5 Std.) im Haus Hakenfort unter dem Titel „Vertällekes ut’t Kaspel un ut de Bürte“.
Jährlich wird eine plattdeutsche Mai-Andacht im Außenbereich veranstaltet.
Jährlich findet eine Vorlesung aus den Werken der Stadtlohner Dichter und Schreiber als sogenannte „Stippvisite“ im Haus Hakenfort statt. – Die Terminbekanntgabe für diese Veranstaltungen erfolgt über die Presse.